Bauernprotest-Finale: 6.000 Trecker in Berlin
„Das ist die größte Demonstration seit 30 Jahren“, rief Bauernpräsident Joachim Rukwied am 15. Januar 2024 den Demonstranten von der kleinen Bühne auf dem Platz des 18. März zu. Zum Bauernprotest-Finale waren 6.000 Trecker nach Berlin gekommen. Viele junge Bauern saßen am Steuer. Ich war vor Ort: dem Zweig meiner Familie verpflichtet, der bis heute Obstanbau und Fischerei betreibt. Doch es ging um viel mehr. Der Ampel möge man den Strom abschalten, war auf vielen Transparenten zu lesen. Christian Lindner wurde so laut ausgepfiffen, dass kaum eines seiner Worte zu verstehen war. Doch am eindrucksvollsten blieben die Trecker. Die Kennzeichen reichten von Nordfriesland bis nach Bayern, von NRW bis Brandenburg. Es war ein Finale, das Eindruck hinterließ.
Musik und Lagerfeuer am Abend zuvor
Die Straße des 17. Juni war Tage vor der Demonstration abgesperrt. In sechs Reihen standen Trecker, Lkw’s, Lieferwagen, unterbrochen von Wohnwagen, Bauwagen und einem Zelt. Die Stimmung unter den Bauern erinnerte an einen Campingplatz: Feuerschalen und Grills waren angeworfen, aus großen Boxen erklang Musik von Helene Fischer.
Und doch ging es um ernste Themen: Die Forderung nach der Beibehaltung des Agrardiesels war auf keinem der Transparente zu lesen, die von den Bauern an den Treckern angebracht wurden. Die Botschaften gingen in eine andere Richtung:
Auf der Straße des 17. Juni standen die Fahrzeuge in bis zu sechs Reihen auf knapp zwei Kilometern Länge. Über den Kreisverkehr am Großen Stern, der die Siegessäule umrundet, reisten immer mehr Bauern an. Und die Schlange führte weiter, bis zur Bismarckstraße, aber auch in die entgegengesetzte Richtung, hinter dem Brandenburger Tor und dem Pariser Platz auf der Straße Unter den Linden. Trecker, soweit das Auge reicht.
Hupende Demonstranten in der Nacht
Einige Berliner hatten in der Nacht vom 14. zum 15. Januar nur wenig Nachtruhe, zumindest dann, wenn sie an den Hauptstraßen wohnten, die vom Umland nach Berlin führten. Die ganze Nacht erreichten Traktoren aus allen Himmelsrichtungen die Hauptstadt und feierten dies mit einem Hupkonzert. Einige hatten Fanfaren auf die Dächer gebaut, andere statteten ihre Trecker mit hupenden Melodien aus. Die Bauern verschafften sich Aufmerksamkeit. Auf Nachfrage eines Journalisten gab die Polizei bekannt, dass sie sich eine Strafverfolgung wegen ruhestörenden Lärms vorbehält. Ist man nicht einiges gewohnt, wenn man an einer sechsspurigen Straße lebt? Das habe ich mich gefragt, als ich den Bericht im Fernsehen hörte.
15. Januar 2024: Der Zugang über das Regierungsviertel war gesperrt
Ich fuhr am Vormittag des 15. Januar mit dem Zug nach Berlin, mein Fahrrad hatte ich dabei. Dass dies eine kluge Entscheidung war, durfte ich bereits am Hauptbahnhof feststellen: Der direkte Zugang führt für Fußgänger und Radfahrer über die Gustav-Heinemann-Brücke, vorbei am Kanzleramt, am Paul-Löbe-Haus und am Reichstag, dann durch den Tiergarten zum Brandenburger Tor. Etwas mehr als einen Kilometer legst du auf dieser Strecke zurück.
Die Strecke am 15. Januar maß mehr als das Doppelte: Wer aus dem Zug ausstieg, wurde von Polizisten empfangen, die über Lautsprecher ankündigten, dass der Weg über die Fußgängerbrücke gesperrt sei. Sie beschrieben die Straßen der Umleitung, doch wer aus Bayern, Baden-Württemberg, NRW oder Niedersachsen kam und Berlin nicht kennt, konnte mit den Namen gar nichts anfangen. Entsprechend groß war der Unmut.
Das Überqueren der Straße war trotz grüner Ampel zunächst untersagt: Fünf schwarze Limousinen, mit Rundumleuchten auf dem Dach, hatten Vorfahrt. Vermutlich saß in jeder von ihnen ein Politiker. Über den viel gepriesenen Klimaschutz sprechen wir jetzt nicht; die Limousinen hatten kein E am Kennzeichen.
Angst vor wütenden Demonstranten?
Es stellt sich die Frage, warum die Polizei das Regierungsviertel, insbesondere den Bereich um das Kanzleramt, komplett abgeriegelt hatte. Hat unser Bundeskanzler Angst, vor den wütenden Demonstranten?
Einen Tag zuvor begab er sich einige Schritte vor seine Haustür, um am Alten Markt in Potsdam gemeinsam mit Annalena Baerbock, ebenfalls wohnhaft in Potsdam, und Manja Schüle, Forschungsministerin aus dem Kabinett Woidke, gegen die AfD zu demonstrieren. Dem war eine umstrittene Versammlung im Adlon-Haus in Neu-Fahrland vorausgegangen. Daran ist nichts zu kritisieren, er war ausdrücklich als Privatmann dort. Doch warum verschanzt er sich etwa 24 Stunden später mit Polizeischutz an seinem Amtssitz?. Wäre es nicht seine Pflicht gewesen, auch oder gerade zu den Bauernprotesten eine Position zu beziehen?
Eindrücke vom Brandenburger Tor
Der Bereich vor dem Brandenburger Tor und die Straße des 17. Juni füllten sich etwa 90 Minuten vor dem Beginn der angekündigten Reden so schnell, dass ich nicht mehr in der Lage war, mein Fahrrad in der Nähe anzuschließen. Binnen Minuten war ein Weiterkommen nicht möglich. Einmal wurde ich etwas verächtlich als „Grüne“ bezeichnet, die mit ihrem Fahrrad protestiert. Zweimal mehr gab es freundliche Dankeschöns: Für die Möglichkeit, die Tasche abzustellen, fürs Abstützen und vor allem für die Luft zum Atmen, die uns das Rad verschaffte. Es war extrem voll.
Laut und nachdrücklich war die Geräuschkulisse, die sich lange vor dem Beginn der Reden über den Platz zog. Die akkubetriebene Kreissäge, ohne Sägeblatt, versteht sich, hatte ja noch einen Hauch von Komik. Eine Sirene, angeblich ein Original aus dem Zweiten Weltkrieg, betrieben mit einer Kurbel, kündigte einst den Fliegeralarm an. Sie war eher beängstigend. Bis in den Abend legte sich der schrille Ton immer wieder über Berlin.
Viele Regionen waren vertreten
Bauern aus ganz Deutschland waren gekommen. Die Polizei sprach von 8.500 Demonstranten, der Bauernpräsident von 30.000. Ich könnte mir vorstellen, dass es noch mehr waren. Die Stimmung war trotz der Kälte hitzig, aber nicht aggressiv. Straßenlampen und Ampeln wurden erklommen, dem bot die Polizei Einhalt. Einige Böller flogen, aber im Großen und Ganzen beschränkte man sich auf Sprechchöre. „Die Ampel muss weg“, war noch der Freundlichste. „Wir haben die Schnauze voll“, wurde gesungen, dann kam die Rede von Christian Lindner. Mit einem wütenden „Hau ab“ wurde er empfangen, während der Rede sollte er „nach Hause gehen“.
Christian Lindner ging unter
Leider waren die Reden von meinem Platz seitlich vor dem Brandenburger Tor nur schlecht zu verstehen. Der Veranstalter hatte wohl nur einen Lautsprecher gefunden. Die Ansprachen des Bauernpräsidenten und verschiedener Vertreter der Verbände waren einigermaßen zu verfolgen. Doch dann kam Christian Lindner. Kraft seines Amtes als Politiker war er zwar in der Lage, laut und deutlich zu sprechen. Doch die Bauern waren lauter. Empfangen wurde der Finanzminister mit „Buh“- und „Pfui“- Rufen. Diese zogen sich durch die gesamte Rede. Besonders explosiv wurde die Stimmung bei der bei der Erwähnung der Finanzhilfen für die Ukraine und bei der Feststellung, die Bauern wären doch nicht wegen des Agrardiesels hier. Viel mehr war von meinem Standort aus nicht zu hören.
Einige wenige, die in der Nähe standen, zollten Respekt dafür, dass sich Lindner, anders als der Bundeskanzler, den Demonstranten stellte. Joachim Rukwied bat darum, jeden Redner mit Respekt zu empfangen, doch die Wut der Bauern kochte über. Christian Lindner quälte sich 20 Minuten mit Worten, die an einer Wand der Empörung abprallten. Gegen Ende der Rede drehten sich die Demonstranten um und zeigten dem Politiker mit dieser eindeutigen Geste, was sie von ihm und seinen Worten hielten.
Gespräche mit den Bauern
Ich schloss mich der Minderheit an: Dass Christian Lindner als einziger Politiker den Weg auf die Bühne auf dem Platz des 18. März gefunden hatte, fand ich ein gutes Signal. Dass er keine Versprechen und Zusagen im Gepäck hatte, war vorab von ihm angekündigt worden. Mir fehlt die Wut der Betroffenen, doch ich hatte die Proteste die ganze Woche verfolgt. In meiner Havelstadt hatten wir einige Einschränkungen. Ich stecke nicht tief in der Materie, doch ich kenne die Bürokratie, mit der alle Mittelständler kämpfen. Aus meiner Kindheit weiß ich, wie hart viele Bauern arbeiten. Es gibt nicht immer den geregelten Feierabend, die Organisation des Urlaubs ist schwierig. Oft müssen mehrere Generationen von einem Betrieb ernährt werden: In dem Zweig unserer Familie, der mit dem Fischfang und mit dem Obstanbau Geld verdient, sind es vier Generationen im Alter zwischen 90 und sechs Jahren.
Die Wut der Bauern besser verstehen
Ich bin nach Berlin gefahren, um die Wut der Bauern besser zu verstehen. Das sich Berliner und Brandenburger den Protesten angeschlossen haben, wurde von den Bauern mit Dankbarkeit angenommen. Eine Bäuerin aus Braunschweig erzählte, dass es immer schwieriger wäre, mit dem Hof Gewinn abzuwerfen. Die Konkurrenzfähigkeit sei aufgrund der hohen Kosten nicht mehr gegeben: Die Preise müssen niedrig bleiben, sie werden von den Lebensmittelhändlern diktiert. Die Kosten steigen.
Der Tropfen auf dem heißen Stein
Der Agrardiesel, so erzählte es ein junger Mann, sei nur der berühmte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Es gäbe immer wieder neue Vorschriften und Einschränkungen. Die junge Generation wendet sich ab, möchte andere Berufe ergreifen. Traditionshöfe sterben. Das habe ich in meiner Familie erlebt: Mein Vater und mein Onkel führten den Obstanbau nicht mehr weiter, obwohl die Familie in diesen Berufen seit Generationen verankert war. Wir waren ein winziger Familienbetrieb, der in der DDR verstaatlicht wurde. Doch wenn man das auf die Landwirtschaft projiziert, wächst das Verständnis, vor allem dann, wenn man weiß, wie viel Arbeit mit der Führung eines Hofes verbunden ist.
Vorschriften, Verbote, Kontrollen
Die Bürokratie mit all ihren Einschränkungen kommt noch hinzu. Es gäbe immer mehr Vorschriften, Kontrollen und auch Verbote. Vor allem kleine Höfe, die die Buchhaltung nebenbei erledigen, ächzen unter den täglichen Aufgaben. Viele der Gesetze und Auflage sind nicht mehr zu verstehen. Die Bauern möchten sich um ihre Tiere und um die Ernte kümmern. Stattdessen sehen sich immer neuen Forderungen gegenübergestellt. Wenn Deutschland Landwirtschaft wolle, so hörte ich es mehrfach, muss die Politik dafür bessere Rahmenbedingungen schaffen.
Für einen Politiker mögen 5.000 oder 10.000 EUR Agrardieselbeihilfe im Jahr nicht viel Geld sein. Für einen mittelständischen Betrieb ist es ein Einkommen, das auf anderem Wege erwirtschaftet werden muss. Doch wie soll es gehen, mit immer neuen Auflagen? Diese Frage konnte keiner der Redner beantworten.
Bis zu 20 Stunden auf dem Trecker
Die Bauern, die vor dem Brandenburger Tor demonstrieren, hatten gute Gründe, sich bis zu 20 Stunden auf ihren Trecker zu setzen und in die Hauptstadt zu fahren. „Dass ich so dicht rankomme, hätte ich nicht gedacht“, sagte einer, der es geschafft hatte, seinen Traktor in Sichtweite des Berliner Wahrzeichens zu parken. Die Bäuerin aus Braunschweig fügte hinzu, dass die Jungs häufig bis zu 20 Stunden auf dem Trecker sitzen. „Ob sie nun über das Feld oder auf der Straße fahren, spielt keine Rolle.“ Immer wieder kam der Halbsatz, dass kaum jemand weiß, was es wirklich bedeutet, einen Hof zu führen. Oft arbeiten die Großeltern noch mit.
Es geht so nicht weiter
Auch diese Worte waren oft zu hören: Nach der Demo, es dauerte ja eine Weile, bis ich mich mit meinem Fahrrad wieder fortbewegen konnte, und während des Protestzuges, der sich anschließend durch Berlin in Bewegung setzte: 6.000 Trecker – vielleicht waren es auch 5.000 oder 7.000, die Medien sind sich nicht ganz einig – wollten wieder nach Hause.
Protestzug über die Straße des 17. Juni
Die Bauern starteten ihren Konvoi in Richtung Siegessäule … vorbei an den Traktoren, die seit mehr als 24 Stunden am Rande der Straße parken. Die Straßen zum Hauptbahnhof sind indes immer noch gesperrt: Die Menge möchte sich doch bitte zum Großen Stern begeben und von dort aus einen Umweg von etwa drei Kilometern laufen. Die Komplettsperrung des Regierungsviertels ist nicht nur für mich absolut unverständlich. Demonstranten, die ihren Zug erreichen möchten, liefern sich mit der Polizei hitzige Wortgefechte.
Trecker aus allen Himmelsrichtungen
Im Durchschnitt ist der Bauer mit 40 km/h auf seinem Trecker unterwegs. In diesem Tempo fährt er in meine alte Heimat im Landkreis Ludwigslust-Parchim, nach Heidenheim in Baden-Württemberg oder nach Bayern. Viele Bauern kamen aus Brandenburg: Uckermark, Potsdam-Mittelmark. Elbe-Elster, Prignitz, Havelland, Prignitz. Wofür ein Hamburger einen Trecker benötigt, habe ich mich gefragt, denn ein HH-Kennzeichen war auch in der langen Schlange dabei. Eindrucksvoll war der Moment, in dem die Trecker den Großen Stern an der Siegessäule umfuhren. Hupend, die Ampelregelungen beachtend, winkend, wenn sie gefilmt wurden oder die Berliner und Gäste den Daumen nach oben zeigten.
Die Stadt war verstopft, die Stimmung positiv
Nichts ging, in Berlin-Mitte, über einen Zeitraum von Stunden. Mein Zug brachte mich um 18 Uhr nach Hause, gegen 13 Uhr war der offizielle Teil der Demonstration beendet. Als ich gegen dreiviertel – viertel vor – sechs vom Kaiserdamm zum Bahnhof Zoo abbog, riss die Schlange der Traktoren immer noch nicht ab. Rund um das Brandenburger Tor waren sie überall: In der Straße Unter den Linden, in der Wilhelmstraße, in den Nebenstraßen. Nicht jeder Traktor fand Platz, in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tores. Also postierten sie sich am Rande der Straßen, die nach Berlin herein- und wieder hinaus führten. Das Bild war überall identisch: Trecker, soweit das Auge reicht.
Es war laut, es war kein Durchkommen, doch jetzt, beim „Auslaufen der Traktoren“ aus der Hauptstadt, war von der Wut der Demonstranten bei der Lindner-Rede nichts mehr zu spüren. Die Berliner schwammen in ihren Autos geduldig mit dem Strom mit. Am Straßenrand wurde gefilmt und fotografiert. Die Bauern saßen in ihren Sitzen, die irgendwo ziemlich bequem wirken – ich werde mich auf der Grünen Woche das erste Mal in einen Traktor setzen -; sie winkten und grüßten mit ihren Hupen und mit den Fanfaren. Auch, wenn ich mich wiederhole: Ich fand diesen endlosen Konvoi sehr eindrucksvoll.
Botschaften an die Regierung
Nahezu jeder Trecker hatte eine Botschaft an Bord. Vom Agrardiesel war hier und da zu lesen, vom Erhalt des Grünen Kennzeichens auch. Aber im Großen und Ganzen wiederholte der Konvoi die Botschaft, die auf den Transparenten und auf den Traktoren entlang der Straße des 17. Juni zu sehen war: Die Ampel muss weg.
Einige Bauern waren sehr kreativ: „Ich möchte auch noch Bauer werden“, stand auf einer Botschaft unter einem Spielzeugtrecker, der an der Front des großen Bruders befestigt war. Ein Sarg, in dem die Ampel beerdigt wurde, hatte einen etwas makaberen Charakter. Meinen persönlichen Preis für die kreativste Idee bekommt dieses Statement.
Viele der Botschaften wiederholten sich. Ohne Bauern gibt es kein Bier und kein Essen. Ohne Landwirtschaft stirbt das Land. Es war weniger Hass und Wut als Ratlosigkeit, Angst um die Existenz und Unzufriedenheit mit der Politik. Ich glaube, dass viele von uns – mich eingeschlossen – die Bedeutung der Landwirtschaft unterschätzen. Der Weckruf war richtig und wichtig.
Bauern bekamen Unterstützung für die Proteste
Die Bäuerin aus Braunschweig, mit der ich am Rande der Demo sprach, erzählte von der Unterstützung, die in der Protestwoche für Freude und Dankbarkeit sorgte: Bürger brachten Kaffee und Kuchen vorbei, als die Bauern die Straßensperren überwachten. Wer ein dringendes Anliegen hatte, einen Arztbesuch, einen wichtigen Termin, wurde durchgelassen; ebenso Pflegedienste und Rettungswagen. Die Bauern baten lediglich um ein wenig Zeit.
Einige Kovois meldeten die Fahrt über die Autobahn an und kamen aus Sachsen-Anhalt und Niedersachsen schneller voran. Sie nutzten die rechte Fahrspur ohne nennenswerte Vorkommnisse.
Unmut gab es nicht nur bei der Sperre des Kreisverkehrs zwischen Werder (Havel) und Geltow, sondern auch in Niedersachsen. Doch die überwiegende Mehrheit stellte sich hinter die Bauern. Dieses Bild zeichnete sich auch am Protesttag in Berlin: Wir brauchen die Landwirtschaft. Wir wollen regionale Produkte, die bezahlbar bleiben. Und viele wollen eine andere Politik.
Hat der Protest sein Ziel erreicht?
Die Bauern waren nicht zufrieden, mit den Zugeständnissen der Politik. „Wir machen weiter“, war häufig zu hören, am Nachmittag des 15. Januar 2024 in Berlin. Mit ihrem Protest waren die Bauern nicht allein: Sie bekamen schon am heutigen Montag Unterstützung von zahlreichen Transportunternehmen, die sich ebenfalls auf den Weg nach Berlin gemacht hatten.
Die Geduld der Berliner wird weiter auf die Probe gestellt: Am Donnerstag, den 18. Januar 2024 begaben sich Transportunternehmen auf eine vorab angekündigte Sternfahrt zum Brandenburger Tor. Am Freitag fand eine erneute Kundgebung statt.
Die „Grüne Woche“ in Berlin
Freitag ist der Eröffnungstag der Landwirtschaftsmesse „Grüne Woche“, die traditionell im Januar in Berlin stattfindet. Der Bauernpräsident kündigte an, auch die Messe als Plattform für die Forderungen der Bauern zu nutzen. Der Berufsstand ist nicht zufrieden, mit der Arbeit und den Zugeständnissen der Politik. Die Zusammenfassung der Tagesschau über die Ereignisse des Tages bringt dies zum Ausdruck.
Ich habe aus dem Tag viele Eindrücke mitgenommen. Bauern aller Altersgruppen, die sich viele Stunden an das Steuer ihres Treckers setzen, anstatt die nicht so arbeitsintensive Zeit im Januar für die schönen Dinge des Lebens zu nutzen. „Wir wären lieber zu Hause“, sagte eine Frau am Vorabend der Demo, die an einer Feuerschale stand, um sich bei Temperaturen um den Gefrierpunkt etwas zu wärmen. Es ist nicht die Lust am Meckern, die diese große Demo befeuert hat. Es sind ernstzunehmende Probleme, die von der Politik bislang nicht gelöst werden.
Erinnerung an 1989
Es war nach 1989 die erste Demonstration, an der ich teilgenommen hatte. Daran musste ich denken, in den beiden Stunden vor dem Brandenburger Tor. Die Inhalte waren andere und ich stand auf der anderen Seite, nur wenige Schritte von dem doppelten Asphaltstreifen entfernt, der den einstigen Verlauf der Mauer zwischen der Straße des 17. Juni und dem Platz des 18. März markiert. Damals hat das Volk eine Regierung gestürzt. War der 15. Januar 2024 ein Sturm im Wasserglas oder der Anfang vom Ende der Ampel? Die nächsten Wochen und Monate werden es zeigen.