Deutschlandticket: Ist die Landbevölkerung benachteiligt?
Benachteiligt das Deutschlandticket die Landbevölkerung? Es wird aus Steuermitteln finanziert. Wer auf dem Land wohnt, ist in vielen Fällen auf das Auto angewiesen. Es gibt keinen Bahnhof, der gut erreichbar ist. Busse fahren stündlich oder noch seltener. Von einem Steuergeschenk für die Pendler ist die Rede: Die Landbevölkerung finanziert es mit. Doch sind die Diskussionen gerechtfertigt oder handelt es sich um eine Neiddebatte? Suchen wir uns unseren Wohnort nicht ein Stück weit selbst aus? Und zahlen wir nicht alle Steuern und Gebühren für Posten, die wir nicht nutzen können oder nutzen wollen?
Das Deutschlandticket und die Landbevölkerung – eine Neiddebatte
Das Deutschlandticket wurde am 1. Mai 2023 zu einem Preis von 49 EUR eingeführt. Zum 1. Januar 2025 ist die erste Erhöhung angekündigt: Das Ticket kostet künftig 58 EUR. Weitere Preisteigerungen sind nicht ausgeschlossen. In den Medien und in den sozialen Netzwerke führt jede Schlagzeile über das Deutschlandticket zu Diskussionen zwischen Städtern, die von dem Ticket profitieren, und Landbewohnern, die es mit ihren Steuern subventionen, aber nicht nutzen können.
ChefredakteurGabriel Kords spricht in der Schwäbischen von einem Steuergeschenk, dass die Landbewohner für die Großstädter zahlen. Er plädiert für weitere Erhöhungen und dafür, dass das Ticket von „jenen gezahlt wird, die davon auch einen tatsächlichen Nutzen haben.“
Ist das Deutschlandticket wirklich eine ungerechte Verteilung von Steuergeldern oder handelt es sich um eine von vielen Neiddebatten in einem Land, in dem die Gesellschaft in ihren Meinungen gespalten ist und keiner dem anderen etwas gönnt? Fakt ist: Jeder von uns zahlt direkt oder über die Steuern für Leistungen, die er nicht nutzen kann. Das Deutschlandticket ist nur ein Beispiel von vielen. Doch es ist in aller Munde. Vor allem bei der Landbevölkerung.
Geht es dem Städter wirklich besser?
In unserem Ort fährt nur dreimal am Tag ein Bus. Der nächste Bahnhof ist zehn Kilometer entfernt. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind selten pünktlich. Ich brauche mein Auto, um zur Arbeit zu kommen. Das Deutschlandticket kann ich nicht nutzen. Warum soll ich mit meinem Steuergeld dafür bezahlen, dass der Städter günstig Bus und Bahn fahren kann?
So oder so ähnlich lauten die Diskussionen in sozialen Netzwerken. Unbestritten ist der öffentliche Nahverkehr in den ländlichen Regionen nur sehr schlecht ausgebaut. Ohne ein eigenes Auto lässt sich der Alltag nur schwierig organisieren. In der DDR hatte nahezu jedes Dorf einen Konsum und eine Gaststätte. Heute sind die Wege zum nächsten Supermarkt in einigen Regionen weit. Doch es stellt sich die Frage, ob es dem Städter wirklich besser geht.
Das Landleben hat Vorteile
Wer auf dem Land lebt, hat Vorteile, die bei den Diskussionen gern vergessen werden. Viele Menschen in ländlichen Regionen leben in einem Haus mit Garten. In größeren Städten leben die meisten Menschen in einer Mietwohnung und haben somit weniger Platz. Der Kauf eines Eigenheims ist in der Großstadt deutlich teurer und erfordert somit ein höheres Einkommen.
Abseits der Städte gibt es saubere Luft, viel Ruhe und eine natürliche Umgebung. Die Menschen werden nicht von der Sirene der Feuerwehr, von hupenden Autos oder der Müllabfuhr geweckt. Stattdessen singen die Vögel. Hier und da kräht ein Hahn, Schafe meckern oder der Hund bellt.
Der Bezug von regionalen Lebensmitteln ist leichter. Die nachbarschaftlichen Verhältnisse und das Miteinander sind in kleinen Orten sehr viel intensiver. Es gibt noch weitere Gründe für das Landleben. Familien leben seit Generationen in einem Haus oder streben eine Selbstversorgung in ihrem großen Garten an.
Ohne Auto geht nicht viel
nd sind auf das Auto angewiesenFakt ist, dass das Netz der öffentlichen Verkehrsmittel in den Städten und strukturstarken Regionen deutlich besser ausgebaut ist. Dies gilt nicht nur für Berlin, Hamburg, Frankfurt am Main oder München: Auch in den Ballungszentren fahren Busse und Bahnen mehrmals in der Stunde. Auf dem Land ist die Infrastruktur in vielen Regionen schlecht. Somit haben die Landbewohner im Grundsatz recht: Sie können den öffentlichen Nahverkehr in ihrem Alltag nicht nutzen.
Das Auto ist ein wichtiger Bestandteil des Alltags: In vielen Familien gibt es zwei oder, wenn die Kinder erwachsen sind, drei Autos. Es wird für den Weg zur Arbeit, für Fahrten zum Supermarkt und für Ausflüge benötigt. Busse oder Bahnen fahren nur einige Male am Tag. Landbewohner beschweren sich nicht nur über die seltene Taktung, sondern auch über die Unpünktlichkeit. Somit kommt der Kauf einen Deutschlandtickets in vielen Regionen nicht infrage.
Ursachen der Debatte
Es stellt sich die Frage nach den Gründen für diese Debatte. Und es kommen Fragen auf: Warum leben Menschen auf dem Land, wenn sie mit ihrer Situation unzufrieden sind? Sind ihnen die Vorzüge des Lebens abseits der lauten Großstadt nicht bekannt? Und warum ist es nicht möglich, anderen Menschen einen Vorteil einfach nur zu gönnen, auch wenn man ihn selbst nicht nutzen kann?
Seit der Coronapandemie ist der Ton in unserer Gesellschaft rauer geworden. Nicht nur in den sozialen Netzwerken, sondern auch auf der Straße drücken viele Menschen ihren Frust aus. Besonders deutlich wird dies im Konflikt zwischen Radfahrern und Autofahrern, die sich gern auf offener Straße beschimpfen. Auch in der Arbeitswelt werden Konflikte nicht immer fair ausgetragen. Verkäufer müssen den Unmut von Kunden ertragen. Betroffen sind auch andere Dienstleister. Nun sorgt das Deutschlandticket für heftige Diskussionen.
Unsere Gesellschaft hat große Probleme: Eines ist der Neid. Viele von uns können den anderen einfach nichts gönnen. Hinzu kommen die unsicheren Zeiten: Inflation, stagnierende Löhne, steigende Mieten: All diese Sorgen legen sich auf das Gemüt des Einzelnen. In der Familie und im Freundeskreis wünschen sich viele eine grundlegende Harmonie. So wird die Gesellschaft zum Ventil. Wir schimpfen auf alles und auf jeden. Mieter gegen Eigentümer. Arbeitnehmer gegen Bürgergeldempfänger. Und nun die Landbevölkerung gegen die Städter. Kommen wir zurück zum Deutschlandticket. Ist der Unmut der Landbevölkerung berechtigt?
Finanzierung des Deutschlandtickets
Das Deutschlandticket entstand aus der Idee, die Straßen zu entlasten und die Menschen zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Zwischen Juni und August 2022 gab es ein zeitlich befristetes Ticket für einen Preis von neun Euro. Es galt bundesweit im öffentlichen Nahverkehr und war ein riesiger Erfolg, obwohl es in der Urlaubs- und Ferienzeit angeboten wurde.
Aus diesem Modellversuch entstand die Idee, dauerhaft ein subventioniertes Ticket für den öffentlichen Nahverkehr anzubieten. Neben der veränderten Mobilität durch den Umstieg auf den ÖPNV gab die Bundesregierung weitere Ziele aus: Die Pendler sollten entlastet und ein Ausgleich für die gestiegenen Energiepreise geschaffen werden.
Der Zuschuss für das Ticket aus dem öffentlichen Haushalt beträgt 3 Milliarden Euro im Jahr. Bund und Länder teilen sich die Kosten. Der Bund nimmt im Jahr etwa 62 Milliarden Euro an Steuern ein (Stand: 2023/24). Somit sprechen wir über etwa 2,5 Prozent der Gesamtausgaben, die der Steuerzahler für das Deutschlandticket trägt.
Etwa 11 Millionen Menschen nutzen das Deutschlandticket regelmäßig. Von den Städtern hat knapp jeder Dritte das Deutschlandticket. Nur sechs Prozent der Abonnenten sind Landbewohner. Somit bestätigen die Zahlen die Grundlage der Diskussion, dass die Landbevölkerung das Ticket nicht in dem Maße nutzen können wie Menschen, die in der Stadt leben.
Die Pendlerpauschale – ein Steuervorteil für die Landbevölkerung
Menschen, die auf dem Land wohnen, profitieren in höherem Maße von der Pendlerpauschale als Stadtbewohner.
Die Pendlerpauschale ist eine Steuererleichterung für Arbeitnehmer, die einen längeren Weg zu ihrer Arbeitsstelle zurücklegen müssen. Sie können den einfachen Arbeitsweg in Kilometern bei der Steuererklärung geltend machen. Für die ersten 20 Kilometer gibt es 30 Cent. Ab dem 31. Kilometer können 38 Cent von der Steuer abgeschrieben werden. Die Pendlerpauschale wird für jeden Arbeitstag gewährt, der tatsächlich gearbeitet wurde.
Ein Beispiel: Ein Arbeitnehmer fährt 50 Kilometer zu seiner Arbeitsstelle. Er arbeitet fünf Tage in der Woche, hat 30 Tage Urlaub im Jahr und war im Steuerjahr drei Wochen krank. Somit hat er in dem betreffenden Jahr 215 Tage gearbeitet. Für die ersten 20 Kilometer kann er 6 EUR täglich absetzen. Für Kilometer 21 bis 50 sind es 10,80 EUR. Multipliziert mit den Arbeitstagen im Jahr, ergibt sich ein Betrag von 3.612 EUR im Jahr. Um diesen Betrag wird das steuerpflichtige Einkommen gemindert.
Die tatsächliche Ersparnis ist von der Steuerklasse und vom steuerpflichtigen Einkommen abhängig.
Ein Beispiel: Ein unverheirateter Arbeitnehmer wird in Steuerklasse I besteuert. Das steuerpflichtige Einkommen beträgt 32.000 EUR im Jahr. Die Steuerlast beträgt ohne Pendlerpauschale 5.027 EUR. Die Pendlerpauschale verringert das Einkommen auf 28.388 EUR. Hier beträgt die Steuerlast 3.988 EUR. Die Ersparnis beträgt 1.039 EUR.
Wenn der Arbeitnehmer den Steuerfreibetrag nicht auf der Lohnsteuerkarte eingetragen hat, bekommt er vom Finanzamt 1.039 EUR erstattet. Rechnen wir die Fahrtkosten dagegen: Bei einem Verbrauch von sieben Litern auf 100 Kilometer und einem Durchschnittspreis von 1,70 EUR pro Liter Kraftstoff hat der Arbeitnehmer für seinen Arbeitsweg 2.560 EUR bezahlt. Rechnen wir die Steuerersparnis ab, ergibt sich eine monatliche Belastung von etwa 125 EUR für den Arbeitsweg.
Beispielrechnung für einen Stadtbewohner
Die Pendlerpauschale wird auch für Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gezahlt. Ein Arbeitnehmer aus Berlin zahlt 588 EUR im Jahr für das Deutschlandticket. Sein Arbeitsweg beträgt 10 km in der einfachen Strecke. Auch er arbeitet 215 Tage im Jahr. Er kann 645 EUR steuerlich geltend machen.
Das steuerpflichtige Einkommen von 32.000 EUR verringert sich auf 31.355 EUR. Das ergibt eine Steuerersparnis von 196 EUR im Jahr. Die monatliche Belastung für den Fahrtweg reduziert sich auf knapp 33 EUR im Monat.
Vor der Einführung des Deutschlandtickets kostete die Monatskarte für Fahrten in Berlin 99 EUR im Monat. Wer im Umland wohnt, zahlte 119 EUR im Monat. Die Preise fallen ohne Abonnement an.
Somit war der Anfahrtsweg für den Berliner schon vor der Einführung des Deutschlandtickets günstiger. Die Diskussionen gab es nicht, da es sich nicht um eine steuerfinanzierte Leistung handelte.
Unberücksichtigt bleibt bei den Rechenbeispielen, dass das Deutschlandticket nicht nur für die Fahrt zur Arbeit genutzt werden kann. Auch führ Fahrten in der Freizeit ist das Ticket verfügbar. Der Landbewohner muss für Freizeitfahrten mit dem Auto zusätzlich zahlen.
Ein soziales System ist ungerecht
Die Abgaben für Einkommensbezieher sind in Deutschland hoch. „Die Steuern hier sind Weltrekord“, sangen „Die Prinzen“ im Jahre 2001 in ihrem Song „Deutschland“. Und sie haben bis heute recht: Was die Steuerbelastung betrifft, liegen wir im weltweiten Vergleich auf den vordersten Plätzen. Hinzu kommen die Sozialabgaben und weitere Kosten, die jeder von uns zahlen muss, von denen aber nur ein Teil der Bevölkerung profitiert.
Einer zahlt – einer bekommt
Es gibt Menschen, die Sozialleistungen bekommen, und andere, die ein paar Euro zu viel verdienen und in einer Notlage gar nichts beanspruchen dürfen.
Wer alleinstehend ist und ein Gehalt in Höhe der Bemessungsgrenze für die Krankenversicherung bezieht, zahlt mehrere hundert Euro im Monat ein. Auch dann, wenn er jung und gesund ist. Ernährt ein verheirateter Alleinverdiener eine vierköpfige Familie von dem gleichen Gehalt allein, zahlt er ebenso viel Krankenversicherung. Von den Beiträgen werden die Kosten für vier Personen beglichen.
Ein lediger Alleinverdiener mit einem steuerpflichtigen Jahreseinkommen von 100.000 EUR zahlt 31.397 EUR Einkommenssteuer an den Fiskus. Der verheiratete Alleinverdiener mit dem gleichen Jahreseinkommen profitiert von der Splittingtabelle: Er zahlt nur 21.812 EUR Einkommensteuer im Jahr. Der Verheiratete hat knapp 800 EUR mehr im Monat zur Verfügung, nur weil er den Bund der Ehe geschlossen hat.
Das Ding mit der GEZ
Es gibt noch einen Stein des Anstoßes, der immer wieder für Diskussionen sorgt: Es sind die Gebühren, die jeder Haushalt für den Empfang des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zahlen muss. Und das unabhängig davon, ob die Inhalte angeschaut werden oder nicht.
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat mit der Digitalisierung harte Konkurrenz bekommen. Vor allem jüngere Menschen schauen lineares Fernsehen selten oder gar nicht. In Bezug auf die Berichterstattung kommt häufig der Vorwurf, dass sie einseitig wäre. Das betrifft vor allem die Politik.
Der Siegeszug des Streamings und mit ihm die Möglichkeit, sich sein Fernsehprogramm selbst zusammenzustellen, ist ein weiterer Kritikpunkt, der die Zwangsgebühren betrifft: Warum zahlen nicht nur die Kunden, die sich für die Inhalte interessieren? Und dann gibt es noch die Berichterstattung über hohe Gehälter und individuelle Bereicherungen.
Wer sich weigert, die Gebühren zu zahlen, kann unter Umständen in Erzwingungshaft genommen werden. Liegt ein pfändbares Einkommen vor, darf die GEZ ohne ein Gerichtsurteil einen Pfändungsbeschluss erlassen. Die Zwangsgebühren sind eine weitere Ungerechtigkeit, denn alle zahlen, aber nur ein Teil der Menschen profitiert davon. Beim Deutschlandticket ist es genauso.
Warum die Diskussion unsinnig ist
Beim Thema GEZ kochen die Wellen schon länger hoch als beim Deutschlandticket. Weil es das Ticket noch nicht so lange gibt. Die Diskussion ist bei beiden Themen überflüssig: Die Zahlungen an die GEZ sind verpflichtend, das Deutschlandticket ist von der Politik beschlossen. Wenn sich die Landbevölkerung beschwert, dass sie vom Ticket nicht profitiert, müsste sie über viele weitere Ungerechtigkeiten nachdenken und auch diese lautstark thematisieren. Doch es gibt nur diese eine Diskussion.
Neid ist auch keine Lösung
Das ist der Name einer Komödie mit Stephanie Stappenbeck und Matthias Koeberlin, die – ausgerechnet – vom ZDF produziert wurde. Auch für die Landbevölkerung, die sich in Bezug auf das Deutschlandticket benachteiligt wird, ist Neid keine Lösung.
In meinen Augen ist es eine Neiddebatte, die wir nicht brauchen. Unsere Gesellschaft ist gespalten, eine weitere Spaltung tut niemandem gut. Die Landbevölkerung scheint drei Dinge zu vergessen:
- Jeder sucht sich seinen Wohnort selbst aus
- Jeder sucht sich seinen Arbeitsplatz selbst aus
- Jedem steht es frei, an Punkt Eins und Punkt Zwei etwas zu ändern
Würde ein Landbewohner, der in einem freistehenden Einfamilienhaus mit großem Garten lebt, wirklich in eine Dreiraumwohnung nach Berlin oder Frankfurt am Main ziehen, nur weil er dann eine Bushaltestelle vor der Tür hat und nach der Spätschicht mit dem Nachtbus nach Hause fahren kann?
Hätte er das Bedürfnis, die frische klare Luft gegen den nachmittäglichen Smog der Rush Hour einzutauschen?
Hätte er Verständnis für die Kritik, wenn er im umgekehrten Fall mit der Diskussion konfrontiert werden würde?
Weniger Autos auf der Straße
Das Deutschlandticket wurde eingeführt, um Autofahrer zu ermutigen, häufiger den ÖPNV zu nutzen. Damit sollte ein Beitrag zum Klimaschutz geleistet werden. Dieses Ziel konnte bislang nicht erreicht werden: Auch in Städten und Regionen mit sehr gutem öffentlichen Nahverkehr gibt es Menschen, die auf ihr Auto nicht verzichten möchten.
Ziel des Tickets war es nicht, die Städter und die Landbevölkerung gegeneinander aufzubringen. Zu der Diskussion hat sich die Politik bislang noch nicht geäußert. Das Ticket wird mit der Zeit teurer werden. Doch Bund und Länder möchten daran festhalten, obwohl der Autoverkehr immer noch hoch ist.
Gönnen wir dem anderen die Vorteile
Es täte uns gut, dem anderen den einen oder anderen Vorteil zu gönnen. Der Städter braucht kein Auto, er kommt mit dem Deutschlandticket günstig von A nach B. Dafür können viele Landbewohner günstiger wohnen und nach der Arbeit auf der großen Terrasse entspannen. Mancher Stadtbewohner zahlt für eine Zweizimmerwohnung mehr Miete, als ein Landbewohner den Kredit für sein großes Haus. Das wird oft vergessen.
Keine Benachteiligung der Landbevölkerung
Ich lege mich fest: Es gibt keine Benachteiligung der Landbevölkerung. Wer sich an dem Deutschlandticket stört, weil seine Steuergelder für etwas verwendet werden, das er nicht nutzen kann, der sollte überlegen, wo sein Problem wirklich liegt. Ist es Unzufriedenheit über die Einschränkungen des Lebens auf dem Land? Ist es Unzufriedenheit mit der Politik? Oder benötigen persönliche Probleme ein Ventil?
Die Städter nutzen das Deutschlandticket und sparen jeden Monat Geld. Aber sie haben nicht zu verantworten, dass die Politik diese Entscheidung getroffen haben. Sie können nichts dafür, dass der Landbewohner mit der schlechten Anbindung des ÖPNV ein Problem hat.
Wer eine Neiddebatte auslöst, möchte häufig von anderen Dingen ablenken. Fakt ist: Wir alle zahlen Steuern für Ausgaben, von denen wir nicht profitieren. Eine allgemeine Diskussion über die Thematik wäre wünschenswert. Sich aber ein einem einzigen Posten festzubeißen, ist nicht zielführend.
Jedem steht es frei, an seiner Situation etwas zu ändern. Wenn das eigene Leben eine solche Unzufriedenheit auslöst, dass eine Neiddebatte losgetreten wird, ist es höchste Zeit, sich selbst zu reflektieren. Den eigenen Unmut an der Gesellschaft auszulassen, hilft niemandem weiter. Freuen wir uns über das, was wir haben, und gönnen wir unserem Gegenüber einen Vorteil. Das trägt zur eigenen Zufriedenheit bei. Und sorgt dafür, dass der Spalt in der Gesellschaft ein bisschen kleiner wird.